NMG – Sachunterricht: Ethik, Religionen, Gemeinschaft

Kompetenzorientierte (philosophische) Gespräche führen im Kindergarten und auf der Primarstufe

Gespräche bilden bedeutsame Bausteine in Lernprozessen, um sich Lerngegenständen anzunähern, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen und um Lernergebnisse festzuhalten. Die fachdidaktische Forschung nimmt gegenwärtig besonders das "Philosophieren mit Kindern" als strukturierte Gesprächsmethode und als "Schule der Nachdenklichkeit" (Martens) in den Blick, um den Wert des dialogischen Lernens herauszuarbeiten. Im Lehrplan 21 wird das Philosophieren mit Kindern besonders für die NMG-Perspektive Ethik, Religionen, Gemeinschaft aufgeführt (www.lehrplan.ch; vgl. didaktische Hinweise und Kompetenzbereich 11). Ob nun eher der ergebnisoffene philosophische Diskurs oder die Erarbeitung eines Lerngegenstandaspekts im Mittelpunkt eines Gesprächs stehen: Eine zunehmend dialogische Gesprächskultur unter den Schüler_innen fördert den Sprachausdruck und die begründete Meinungsbildung, die Wahrnehmung der Sichtweisen und Argumente anderer sowie meta-kognitive Fähigkeiten und das Interesse am Lerngegenstand.

nmg-erg_bild

Fachdidaktischer und professionsbezogener Rahmen

Die fachdidaktische Entwicklung und Erforschung von kompetenzorientierten Unterrichtsgesprächen schliesst an aktuelle Diskussionsgebiete der Sachunterrichtsdidaktik, der Didaktik zur Kinderphilosophie und der Professionsforschung zum Lehrberuf an:         

  • Modelle und Methoden der (philosophischen) Gesprächsführung    
  • Bezüge zwischen Sache und Sprache  
  • Situieren, kognitive Aktivierung und inhaltliche Strukturierung von Lernprozessen  
  • Kompetenzorientierung Ethik, Religionen, Gemeinschaft       
  • Lehrberuf: Rollenverständnis, persönliche und berufliche Beliefs, Spannungsfelder

Anforderungen an Lehrpersonen bei kompetenz- und erkenntnisorientierten Gesprächen

Methodisch geführte, strukturierte und kompetenzorientierte Gespräche stellen hohe Anforderungen an Lehrpersonen. Aus der bisherigen Sichtung der Erhebungsmaterialien des vorliegenden Projekts zeigen sich diese besonders in Bezug auf:

  • Die Wahl und Anwendung der kinderphilosophischen bzw. gesprächsdidaktischen Methode/n
  • Die Situierung des Lerngegenstandes bzw. der philosophischen Fragestellung (Lernumgebung und -materialien)
  • Die kognitive Aktivierung der Lernenden und inhaltliche Strukturierung des Lerngegenstandes
  • Kompetenzorientierung Ethik, Religionen, Gemeinschaft (ERG): Sachwissen, Konzepte, Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen 
  • Fragen der Dokumentation und Evaluation von Lernprozessen
  • Die Rolle der Lehrperson im Anleiten, Begleiten, Führen und Moderieren von Gesprächen
  • Leitende didaktische und pädagogische Beliefs (berufliche und subjektive Überzeugungen)
  • Berufliche Spannungsfelder: z.B. Lehrplanziele/Sacherarbeitung versus philosophische Erkenntnisfreiheit, Sachorientierung vs. Phantasieren, wissenschaftliche Erkenntnis vs. subjektive Positionen von Lernenden und Unterrichtenden oder Steuerung vs. Prozessoffenheit  

Fallbeispiele mit hochschuldidaktisch gestütztem Kommentar und Materialien aus den Erhebungen

Das KFUE-ERG-Portal bietet methodisch und inhaltlich vielfältige Möglichkeiten, diese Anforderungen anhand von authentischen Unterrichtsgesprächen zu religionskundlichen, sozialkundlichen und ethischen Lerngegenständen als Situationen zu verorten. Sie knüpfen an allgemein wahrnehmbare Herausforderungen des Fachunterrichts und des Lehrberufs an. Wesentlich für die Auswahl der Unterrichtssequenzen waren die dabei sichtbar werdenden Bezüge zu aktuellen fachdidaktischen und professionstheoretischen Diskursen und der entsprechenden Fachliteratur. Die Analyse und Diskussion dieser Anforderungssituationen (Klieme-Bericht 2007) geben Anregungen für Aus- und Weiterbildung und Anstösse zur Entwicklung des eigenen Unterrichts.

Sämtliche Fallbeispiele und ihre Materialien folgen dem gleichen Aufbaumuster, sind jedoch unabhängig voneinander konzipiert und ausgestattet. Doch lassen sich interessante, stufen- oder gegenstandsübergreifende Bezüge zwischen ihnen herstellen (vgl. letztes Fallbeispiel). Die Fallbeispiele bieten mit ihren Materialien ein reichhaltiges, modulartiges Angebot und bedürfen der Auswahl und Vorbereitung für den eigenen Nutzen in Aus- und Weiterbildung. Die Unterrichtssequenzen bzw. die videographierten Clips fokussieren die Gesprächsanlässe und geben nur ausnahmsweise die ganze Unterrichtslektion wieder.

Die Fallbeispielseiten folgen alle dem gleichen Aufbau und enthalten folgende Unterlagen:

  • Videoclip
  • Kontextinformationen als pdf-Dokument: Erläuterungen und Leitfaden zum Fallbeispiel
  • Weitere Materialien als pdf-Dokumente, z.B. Interviews und/oder Unterrichtsdokumentationen

Auf den Fallbeispielseiten (vgl. Übersicht und Links unten) bzw. auf dieser Seite finden Sie weitere allgemeine Informationen zu diesen Unterlagen. Der Zugriff auf die Unterlagen der einzelnen Fallbeispiele wird via Switch-Tube gewährleistet.

Fallbeispiele zu ethischen, religionskundlichen und sozialkundlichen Lerngegenständen

Der Deutschschweizer Lehrplan 21 (EDK-2014) integriert Lerninhalte und Denk-, Arbeits- und Handlungsweisen zum ethischen, religionskundlichen und sozialkundlichen Lernen als bekenntnisunabhängige Perspektive Ethik, Religionen, Gemeinschaft in den Fachbereich Natur, Mensch, Gesellschaft (NMG). Sie teilt mit den anderen NMG-Perspektiven das ko-konstruktivistische Lehr- und Lernverständnis und folgt den Bildungsanliegen einer weltanschaulich pluralen Gesellschaft. Die meisten Deutschschweizer Kantone haben diese Integration auch organisatorisch vollzogen, indem alleine die Schule für die ERG-Inhalte des Lehrplans zuständig ist. Einige führen den Auftrag in Absprache mit den Landeskirchen aus bzw. teilen ihn auf. Die am KfUE-ERG-Projekt beteiligten Lehrpersonen setzten Unterrichtseinheiten um, die sie mit dem Lehrplan 21 begründeten und Bestandteil ihrer Jahresplanung waren. Das KfUE-ERG-Portal zeigt ausgewählte Gesprächssequenzen aus dieser Arbeit an ERG-Lerngegenständen:

Methodische Analyse der Fallbeispiele

Die Analyse und Diskussion der Unterrichtssequenzen und ihrer Materialien gelingt, wenn sie sachbezogen auf fachdidaktische und professionsbezogene Gesichtspunkte schaut und die Erkundung mit bestehenden theoretischen Modellen und Beiträgen aus der Unterrichtsforschung verbindet. Es gibt unterschiedliche, wissenschaftlich begründete Herangehensweisen und Methoden der Fall- oder Textanalyse. Das KfUE-ERG-Portal stellt einige Handreichungen, Modelle und Theoriebezüge in anschaulicher Form und unverschlüsselt zur Verfügung, welche die Arbeit an den Fallbeispielen und Erhebungsmaterialien unterstützen. Selbstverständlich können eigene Instrumente auch weiterhin beigezogen werden.

Zu den Handreichungen

Dank an die beteiligten Lehrpersonen

Den beteiligten Lehrpersonen aus Kindergarten und Primarstufe sei hier sehr herzlich für ihre Mitwirkung gedankt! Es haben erfahrene, in der Aus- und Weiterbildung engagierte und an Fragen des kompetenzorientierten Fachunterrichts interessierte Berufsleute mitgewirkt. Für die meisten war die kinderphilosophische Gesprächsführung neu, die gezeigten Sequenzen sind daher ermutigende Lehrstücke für Einsteigende. Es ist alles andere als selbstverständlich, die eigene Lehrtätigkeit einem aussenstehenden Publikum zu präsentieren und sich damit auch zu exponieren. Umso wichtiger ist die sachlich vertiefte Arbeit an den Beispielen. Sie zeigt bald einmal, dass es viel eher um verallgemeinerbare berufliche Herausforderungen als um die Zuschreibung und Bewertung persönlicher Eigenarten geht.

Anhänge: Erläuterungen und Literatur zum KfUE-ERG-Projekt

E-Portal KfUE: Nutzungsbestimmungen / Anmeldung / Impressum

Übersicht der Fallbeispiele

Lerngegenstände und Anforderungssituationen

Die Tabellenübersicht unten gibt den Kurztitel des Lerngegenstands, das Datum der Erhebung und die übergeordnete Anforderungssituation an. Die einzelnen Fallbeispiele sind innerhalb einer Unterrichtseinheit zum jeweiligen Lerngegenstand nach Erhebungsdatum angeordnet. Analog zur obligatorischen Schulzeit beginnt die Übersicht mit dem Kindergarten und lässt sich nach unten bis hin zur Mittelstufe verfolgen. Die rechte Randspalte zeigt die fachdidaktischen und professionsbezogenen Analyseschwerpunkte an.

 

Fachdidaktik ERG und Lehrberuf 

1. (Philosophische) Gespräche führen
2. Sache und Sprache verbinden
3. Situieren, aktivieren, strukturieren
4. Kompetenzorientierung ERG
5. Lehrberuf: Rolle, Beliefs, Antinomien

KG.1 WAS IST FREUNDSCHAFT? (zur Seite)          
KG.1.1: Lernprozesse anregen – Lernumgebung – Sprachbildung   2 3 4  
KG.1.2: Vorstellungen von Schüler*innen – Lernprozesse anregen mit Bildfiguren – an Modellen lernen 1 2 3 4 5
KG.1.3: Üben – wahrnehmen – anwenden – nachdenken 1   3 4 5
KG. 2 ENGELSVORSTELLUNGEN (zur Seite)          
KG.2.1: Was ist ein Engel? – Schüler*innenvorstellungen im Gespräch ausbreiten (Präkonzepte erheben) 1   3 4 5
KG.2.2: Kognitiv aktivieren – inhaltlich strukturieren: Konzepte erweitern   2 3 4 5
KG.3 FESTE FEIERN – RELIGIONEN VERGLEICHEN (zur Seite)          
KG.3.1: Gesprächsregeln – Religionen wahrnehmen und beschreiben – über die eigene Gesprächsteilnahme nachdenken 1   3 4 5
KG.3.2: Bei einer Frage bleiben – Lebenswelt und Sachorientierung ERG – sich positionieren 1   3 4 5
KG.3.3: Dokumentieren – präsentieren – begutachten – rückmelden   2 3 4  
KG. 4 GENDERFRAGEN (zur Seite)          
KG.4.1: Lernumgebung – Irritationen schaffen – Rollenspiele 1 2 3 4 5
KG.4.2: Übergang vom darstellend-spielerischen zum dialogischen Lernen 1 2 3    
KG.4.3: Vorstellungen verändern und Meinungen darstellend vertreten   2 3 4  
1.Kl.1 GEBOREN WERDEN (zur Seite)          
1.Kl.1.1: Gespräche situieren – Erkenntnisse hervorbringen 1   3 4  
1.Kl.1.2: Religionskundliche Kompetenzen aufbauen 1   3 4 5
1.Kl.1.3: Lernergebnisse zum Lerngegenstand einholen und befragen   2 3 4  
1.Kl.2 AM ANFANG – URSPRUNGSERZÄHLUNGEN (zur Seite)          
1.Kl.2.1: Am Gespräch teilnehmen – Konzepte bilden oder spekulieren? 1   3 4 5
1.Kl.2.2: Erzählungen kontextorientiert wahrnehmen und vergleichen     3 4 5
3.Kl.1 WAS IST GLÜCK? (zur Seite)          
3.Kl.1.1: Die treffende (philosophische) Diskussionsfrage finden 1 2   4 5
3.Kl.1.2: Erzählinterpretationen und Übergänge situieren und strukturieren 1 2 3 4  
3.Kl.1.3: Sachbezogene Positionen aufbauen und vertreten 1 2   4 5
3.Kl.2 ERZÄHLUNGEN VON GESTALTEN (zur Seite)          
3.Kl.2.1: Gehorsam oder Magie? Welches Thema verfolgen wir? (Mose) 1   3 4  
3.Kl.2.2: Sich aus einer anderen Perspektive heraus entscheiden (Mohammed) 1   3 4 5
3.Kl.2.3: Spekulieren – sich entscheiden – Gespräche mitgestalten (Shiva) 1 2 3 4 5
3.Kl.2.4: In welche Richtung soll das Gespräch gehen? (Dädalus-Ikarus) 1   3 4  
4.Kl.3 STREITEN LERNEN (zur Seite)          
4.Kl.3.1: Lernvoraussetzungen – Begriffe auslegen – die (gute) philosophisch-ethische Frage stellen 1 2 3 4 5
4.Kl.3.2: Sich und andere im Gespräch wahrnehmen 1 2 3 4  
4.Kl.3.3: Abwägen, gewichten, differenzieren im Dialog mit anderen – und die Lehrperson? 1   3 4 5
3. und 4.Kl.4 LEBEN UND TOD (zur Seite)          
3.Kl.4.1: Gespräche führen, Sachen klären und die gute philosophische Frage stellen 1   3 4  
3.Kl.4.2: Dokumentieren/präsentieren zwischen Imagination und Sachorientierung     3 4 5
4.Kl.4.3: Beschreiben und deuten: Methodische Gerüste aufbauen 1 2 3 4  
4.Kl.4.4: Spannungsfeld: Das Wort übergeben vs. Lernen an der Sache 1 2 3 4 5
4.Kl.4.5: Was sind gute philosophische bzw. religionskundliche Fragen? 1   3 4 5
4.Kl.4.6: Spannungsfeld: Kompetenzorientiertes Anknüpfen oder Eingriff in die persönliche Glaubens- und Gewissensfreiheit? 1 2 3 4 5
5.Kl.1 DER YGGDRASIL-MYTHOS (zur Seite)          
5.Kl.1.1: Wie kommen wir zur philosophischen Frage? 1   3 4 5
5.Kl.1.2: Den Erkenntnisprozess entwickeln 1   3 4 5
5.Kl.1.3: Was ist glaubhaft – was nicht? Spekulativ-logisch Positionen vertreten 1   3 4 5
5.Kl.1.4: Zeitkategorien: Logisch denken und argumentieren lernen 1 2 3 4 5
5.Kl.2 OLYMPIA ODER DIE STAATSIDEE (zur Seite)          
5.Kl.2.1: Politisches und soziales Lernen: Modelle entwerfen, begründen, Kontroversen eingehen 1   3 4 5
5.Kl.2.2: Abwägen und entscheiden: Die beste aller Welten? 1   3 4 5
Entwicklungen von Lehrpersonen          
Entwicklungen von drei Lehrpersonen während des Projekts 1   3 4 5