Umgang mit Heterogenität

Die Burgdorfer Schulen haben kürzlich zu einem neuen, integrativen Schulmodell gewechselt. Dies hat zur Folge, dass in Claudia Blatters Klasse nun Jugendliche aller Niveaus unterrichtet werden. "Damit wird die Individualisierung noch wichtiger, aber auch noch anspruchsvoller", sagt die Lehrerin. Sie strebt einen möglichst vielfältigen Deutschunterricht an und hat ein klares Ziel vor Augen: "Bei der Berufswahl, bei der Lehrstellenbewerbung, aber auch beim Besuch von weiterführenden Schulen sind gute Sprachkompetenzen absolut zentral. Darum muss der Fähigkeit, sich auszudrücken, aber auch Informationen aller Art zu verstehen, ganz viel Gewicht beigemessen werden." 

Der Berufswahlunterricht sei nicht nur wichtig, sondern auch sehr attraktiv, findet die PHBern-Studentin Michelle Wellig: "Ich habe im Praktikum die Erfahrung gemacht, dass die Schülerinnen und Schüler beim Berufswahlunterricht sehr gut mitmachen und hochmotiviert sind, was mich sehr freut und meine Arbeit leichter macht. Die Jugendlichen erkennen rasch, dass es um sie und ihre Zukunft geht."

Heterogenität ist der Normalfall

"Früher stand der Auftrag im Raum, alle Schülerinnen und Schüler aufs gleiche Niveau zu bringen, die gleichen Lernziele zu erreichen. Heute ist dies nicht mehr zeitgemäss", sagt Jürg Michel und erläutert: "Das Kompetenzstufenmodell und die Kompetenzorientierung, die mit dem Lehrplan 21 eingeführt wurden, basieren auf der Heterogenität als Normalfall."

"Klar, Heterogenität ist der Normalfall, die Spannweite kann aber sehr unterschiedlich gross sein", entgegnet Claudia Blatter. "Wenn ich Jugendliche mit Nachteilsausgleich und solche mit einer Hochbegabung in der gleichen Klasse habe, wird es schon sehr anspruchsvoll."

Die fünf Fachpersonen, die sich auf Bitte der Education-Redaktion zum Gespräch getroffen haben, sind sich über die Ziele grundsätzlich einig. Bei den beiden Lehrerinnen ist aber gut spürbar, dass sie im Alltag immer wieder an Grenzen stossen, weil es die Umstände nicht immer erlauben, wirklich jeder und jedem Lernenden gerecht zu werden. Wie aber können sich Lehrpersonen fit machen, um den eigenen Ansprüchen und jenen von aussen noch besser gerecht zu werden?

Für den PHBern-Dozenten Oliver Käsermann liegt ein Schlüssel bei den Aufgabenstellungen: "Reichhaltige Aufgaben ermöglichen es den Jugendlichen, an einem gemeinsamen Thema, aber auf verschiedenen Niveaus zu arbeiten. Dabei wird nicht nur in Bezug auf die Leistungsfähigkeit, sondern auch betreffend Interesse und Arbeitstempo und den Formen der Zusammenarbeit auf die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler Rücksicht genommen."