Die Studie war sehr erfolgreich und führte zu einer kumulativen Dissertation (Schneider, 2022), zwölf wissenschaftlichen Artikeln und sechs begutachteten Beiträgen auf internationalen Konferenzen Schneider et al., 2021c-g) (z. B. PNEC, STAR, WASAD) (Stand September 2023). Die 12 Artikel beinhalten einen theoretischen Beitrag (Wettstein et al., 2021), zwei Artikel zu Speichelcortisol und Alpha-Amylase (Schneider et al., 2021a; Schneider et al. 2023) und vier Beiträge, die die moderierenden (Wettstein et al., 2022; Wettstein et al., 2023b) und mediierenden (Jenni et al., in Vorbereitung; Schneider et al., 2022) Effekte verschiedener Ressourcen und Risikofaktoren untersuchen. Ein Beitrag untersuchte die Wirkung von 50 Prädiktoren auf verschiedene psychische und physiologische Stressfolgen von Lehrpersonen mit einem innovativen LASSO-Regressionsansatz (Wettstein et al., 2023a). Zwei Beiträge untersuchten die Zusammenhänge zwischen der beobachteten Unterrichtsumgebung, vitaler Erschöpfung und HCC (La Marca et al., 2023; Schneider et al., 2021b).

F1. Wie variiert die Stressbelastung von Lehrpersonen an Arbeitstagen und freien Tagen?

Lehrpersonen weisen an Arbeitstagen deutlich höhere physiologische Stressbelastungen auf als an freien Tagen. Sie haben an Arbeitstagen eine höhere Cortisolaufwachreaktion (Schneider et al., 2023), eine erhöhte Herzrate und eine reduzierte Herzratenvariabilität (Kühne et al., in Vorbereitung). Die höchsten Stressreaktionen zeigen die Lehrpersonen unmittelbar vor Unterrichtsbeginn am Morgen und am Nachmittag. Alle Lehrpersonen erholen sich jedoch bis um 20 Uhr abends gut von den erhöhten Anforderungen des Arbeitsalltags.

F2. Lösen Störungen psychobiologischen Stress bei Lehrpersonen aus?

Störendes Schülerverhalten wird als einer der Hauptrisikofaktoren für ein ungünstiges Belastungserleben von Lehrpersonen angesehen. Unsere Studie zeigt, dass psychologische und biologische Stressreaktionen von Lehrpersonen kaum korrespondieren (Schneider et al., 2022). Biologische Stressreaktionen wie erhöhtes Haarcortisol sind assoziiert mit beobachteten Unterrichtsstörungen und Schüleraggressionen, während eine gute Beziehung und eine adaptive Klassenführung vor langfristigen physiologischen negativen Folgen schützen (La Marca et al., 2023). Psychisches Belastungserleben wird nicht durch die im Unterricht tatsächlich auftretenden Störungen erklärt, sondern durch die idiosynkratische Wahrnehmung der Lehrperson dieser Störungen. Lehrpersonen, welche chronisch besorgt und resigniert sind, überschätzen die Schüleraggression (Wettstein et al., 2023b). Neurotizismus, Angst vor sozialer Bewertung und soziale Überlastung sind assoziiert mit einer Überschätzung von Unterrichtsstörungen und dies führt longitudinal zu immer mehr beruflichen Beschwerden (Jenni et al., in Vorbereitung). Es ist also wichtig, Lehrpersonen auf dysfunktionale Copingstrategien im Umgang mit Störungen hinzuweisen.

F3. Welche Ressourcen schützen Lehrpersonen? Welche Risikofaktoren gefährden sie?

Als wichtigste Ressourcen erwiesen sich eine positive core-self evaluation der Lehrperson (Schneider et al., 2022), aktives Coping, eine adaptive Klassenführung und eine gute Lehrer-Schüler-Beziehung sowie eine ausreichende Unterstützung im Schulteam (Wettstein et al., 2023a). Als zentrale Risiken erwiesen sich wahrgenommene Unterrichtsstörungen, Neurotizismus der Lehrperson, dysfunktionale Copingstrategien sowie fehlende Kompetenzen in der Klassenführung und in der Beziehungsgestaltung (Wettstein et al., 2023a). Lösungsansätze sind Schulentwicklungsprozesse in den Bereichen 1. adaptive Klassenführung, 2. tragfähige Beziehungsgestaltung sowie 3. Unterstützung und Zusammenarbeit im multiprofessionellen Schulteam.