Erste nationale Übersicht über integrative und separative schulische Massnahmen

Ob und wie ein Kind mit besonderen Bedürfnissen integriert oder separativ beschult und unterstützt wird, hängt stark vom Wohnkanton ab. Eine interaktive Online-Landkarte und ein Buch bieten erstmals eine nationale Übersicht und wollen die Diskussionen um Chancengleichheit und Inklusion anregen.
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Kinder und Jugendliche mit sogenannten Lernschwierigkeiten und/oder geistigen oder körperlichen Beeinträchtigungen sollen in die Regelschule integriert werden. Dies fordern internationale Übereinkünfte (Salamanca Erklärung der UNESCO 1994; UN-Behindertenrechtskonvention 2006, ratifiziert von der Schweiz 2014), das Behindertengleichstellungsgesetz von 2002 oder das Sonderpädagogik-Konkordat der EDK von 2007, dem 16 Kantone beigetreten sind.

In den letzten 20 Jahren sind diesbezüglich in den Kantonen bereits Entwicklungen beobachtbar. Rund die Hälfte der Kantone haben Sonderklassen für Lernende mit "leichteren Beeinträchtigungen" abgeschafft. In allen Kantonen wurden vermehrt integrative Massnahmen eingeführt und weiterentwickelt, viele Kantone gehen dabei aber eigene Wege.
In der Diskussion um Chancengleichheit, Partizipation, Integration und Inklusion stellt die fehlende Transparenz eine grosse Hürde dar:

  • für Menschen, die von den Massnahmen betroffen sind, und ihre Erziehungsberechtigten,
  • für Lehrpersonen und für Fachpersonen im Berufsfeld Schule (Schulpsychologie, Heilpädagogik u.a.),
  • für alle, die im Bereich der Inklusion und Separation forschen, dozieren oder studieren sowie
  • für die Verantwortlichen der Bildungssteuerung.

Das Forschungsprojekt Integrative und separative schulische Massnahmen (InSeMa) der PHBern unter der Leitung von Prof. Dr. Caroline Sahli Lozano schafft nun erstmals nationale Transparenz. Aus dem mehrjährigen Projekt resultieren ein E-Book sowie eine interaktive digitale Landkarte:

  • Website: Die online verfügbare digitale Landkarte liefert einen Überblick über das Vorhandensein und die Umsetzungsrichtlinien verschiedener integrativer und separativer schulischen Massnahmen in den Kantonen der Schweiz. Der Zugang ist barrierearm gestaltet. Die Landkarte beinhaltet Angaben zur Benennung und Finanzierung, zu möglichen Zeugniseinträgen, Verordnung und Überprüfung, den Zielgruppen sowie der Umsetzung der einzelnen Massnahmen.
    Die Informationen können pro Kanton angezeigt werden. Weiter ist es möglich, Massnahmen verschiedener Kantone miteinander zu vergleichen.
  • Buch: Das frei verfügbare E-Book "Integrative und separative schulische Massnahmen in der Schweiz (InSeMa)" führt aus, wie die separativen und integrativen Massnahmen sowie allgemein das heil- und sonderpädagogische Angebot in der Schweiz historisch gewachsen sind. Zudem werden die kantonalen Angaben in Form von Porträts ausgeführtIn weiteren Kapiteln werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten der teilnehmenden Kantone näher erläutert und Schlussfolgerungen für die Bildungspolitik und -steuerung gezogen.

Buch und Website sind open access und damit frei verfügbar. Die Vernissage fand am 9. Juni 2021 mit Vertretenden aus Bildung, Politik und Forschung statt.

Die Daten für Website und Buch wurden in Kooperation mit dem Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik (SHZ) erhoben. Beteiligt waren daneben auch die kantonal verantwortlichen Personen für die Vergabe und Umsetzung der Massnahmen. Jeden Herbst soll die Datengrundlage aktualisiert werden. Finanziert wurde das Projekt unter anderem durch das Eidgenössische Büro für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen EBGB.

Links

Buch: Sahli Lozano, C., Crameri, S., Gosteli, D. (2021). Integrative und separative schulische Massnahmen in der Schweiz (InSeMa). Kantonale Vergabe- und Umsetzungsrichtlinien. Bern: SZH. (Flyer, Buch als PDF)

Landkarte: Integrative und separative schulische Massnahmen in der Schweiz (InSeMa)

Forschungsprojekt: Integrative und separative schulische Massnahmen in der Schweiz (InSeMa)

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