Akzeptanz und Ausgrenzung: LGBTQ+ im Klassenzimmer

Viele LGBTQ+-Schüler*innen in der Schweiz erfahren Ausgrenzung und Belästigung. Das zeigt der SOGUS-Forschungsbericht. Unterrichtseinheiten und ein Podcast für mehr Akzeptanz und weniger Diskriminierung im Klassenzimmer sind am Entstehen.
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Im Projekt "SOGUS – Sexuelle Orientierung, Geschlecht und Schule" haben die Universität Bern sowie die Pädagogischen Hochschulen Zürich und Bern untersucht, wie LGBTQ+-Schüler*innen das Schulklima erleben und welche Erfahrungen sie mit Akzeptanz und Ausgrenzung machen. Das Projekt wurde unterstützt durch die Stiftung Mercator Schweiz. Ad J. Ott, dozierende Person an der PHBern, hat den Forschungsbericht mitverfasst: "Das Projekt SOGUS zeigt auf, dass es Massnahmen braucht, um die Schule für LGBTQ+-Schüler*innen zu einem sicheren Ort des Lernens und der Entwicklung zu machen." Gut die Hälfte sieht sich ausgegrenzt, weil sie lesbisch, schwul, bisexuell, trans, nicht binär oder asexuell ist. Fast zwei Drittel der trans und nicht binären Schüler*innen erleben verbale Belästigungen. Die detaillierten Resultate sind im Forschungsbericht vom Februar 2024 nachzulesen.

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Ad J. Ott

Ad J. Ott, dozierende Person an der PHBern, hat den Forschungsbericht von SOGUS mitverfasst.

Wie den Unterricht gestalten?

Laura Reding ist Lehrperson Sekundarstufe I und queer. In der Lehrtätigkeit hat Laura verschiedene Erfahrungen gemacht. Das bisher erlebte Schulklima bezüglich sexueller Vielfalt nimmt Laura als homophob und ausgrenzend wahr. Den Unterricht gendersensibel zu gestalten ist jedoch machbar, findet Laura: "Ich bin der Überzeugung, dass Lehrpersonen das Klassenklima stark positiv, aber auch negativ beeinflussen können. Zum Beispiel, indem sie queere – also LGBTQ+ – Sichtbarkeit in den Unterrichtsmaterialien fördern oder queere Magazine wie 'Milchbüechli' einsetzen. Es reicht jedoch nicht aus, wenn der Leitfaden der Schule besagt, dass man für Diversität offen ist. Es bedarf einer sensiblen Auseinandersetzung mit Diskriminierung in der Schulatmosphäre, und das braucht Zeit." Ein Erfolgserlebnis teilt Laura gerne: "Eine Schülerin sagte mir, dass sie ihre eher negative Einstellung gegenüber queeren Menschen geändert habe, nachdem sie mich als Lehrperson kennengelernt hatte. Sie habe erkannt, dass queere Menschen 'normal' seien."
 

Wertvolle Unterstützung in der Community

Nebst den Herausforderungen, die Queersein mit sich bringen, ist es gleichzeitig bereichernd. "Ich habe eine Community gefunden, die durch Liebe und Akzeptanz lebt. Ich habe viele Leute gefunden, die ähnlich empfinden wie ich", schreibt eine Person in der Forschungsumfrage auf die Frage nach den positiven Aspekten des Queerseins. Nicht nur die tragende Gemeinschaft zählt, auch ein Gefühl von Selbstbestimmung und Freiheit wird häufig genannt. Die jungen Menschen erleben es als befreiend, sich ausserhalb des gesellschaftlich erwarteten Korsetts bewegen zu können. Dadurch, dass sie nicht der Mehrheit der Gesellschaft entsprechen, haben sie die Freiheit, eigene Lebensentwürfe zu finden.

Unterrichtseinheiten in Erstellung

Momentan erarbeitet das SOGUS-Team mit Hilfe von Lehrpersonen Unterrichtseinheiten inklusive Podcast-Folgen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Das geschieht im Rahmen eines Wahlfachs in partizipativer Form mit Zürcher Schüler*innen. Es ist geplant, die Unterrichtsmaterialien im Oktober 2024 auf der Website www.lehrplanq.ch zu veröffentlichen. Ausserdem findet am 6. November 2024 eine Tagung für Lehrpersonen und schulische Fachpersonen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt statt. Details gibt's ab August 2024.

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