Dominique Riesen ist gerne Heilpädagogin. Die Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern mit oder ohne Lernschwierigkeiten brauche viel Geduld und fordere stets heraus. Doch die Fortschritte der Kinder geben ihrer Arbeit Sinn und motivieren sie immer wieder aufs Neue.
"Die Voraussetzungen der Schülerinnen und Schüler im Weissenheim könnten unterschiedlicher kaum sein", sagt Dominique Riesen. Sie arbeitet seit vier Jahren als Heilpädagogin im Schulheim Weissenheim in Bern. Viele der Kinder und Jugendlichen, die hier leben und zur Schule gehen, haben bereits eine bewegte Schullaufbahn hinter sich. "Wir versuchen, die Freude am Lernen zu wecken und sie wieder an den Schulrhythmus zu gewöhnen."
Einzelnen Schülerinnen oder Schülern gelingt die Wiedereingliederung in die Volksschule. In der Regel bleiben sie jedoch im Sonderschulsetting. "Die Schülerinnen und Schüler mit grösseren Schwierigkeiten können bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit im Weissenheim bleiben."
Klassenlehrerin und Heilpädagogin
Dominique Riesen hat einige Jahre als Klassenlehrerin auf der Mittelstufe unterrichtet und während ihrer Ausbildung zur Heilpädagogin auch in der integrativen Förderung gearbeitet. Im Weissenheim führt sie jetzt wieder eine eigene Klasse – erneut eine Mittelstufe. Dominique Riesen arbeitet 80 Prozent.
Sie unterrichtet die Klasse gemeinsam mit ihrem Stellenpartner und einer Praktikantin. "Mir gefällt es, dass ich weiterhin Klassenlehrerin sein und heilpädagogisch arbeiten kann."
Im Vergleich zu einem üblichen Schultag an der Volksschule weist der Alltag im Weissenheim einige Besonderheiten auf: "Der Schultag ist stark ritualisiert. Das sorgt für Stabilität und Struktur", erklärt Dominique Riesen. Am Mittag werden die Schülerinnen und Schüler von sozialpädagogischen Fachleuten betreut.
Deutsch, Math, Eier-Ämtli
Zwei Lektionen pro Woche verbringen Dominique Riesen und ihre Klasse zudem auf dem Hof, der zum Schulheim gehört. Im Turnus ist jede Klasse einmal für die Tiere zuständig, pflanzt Kartoffeln oder pflückt Beeren und Kirschen. Dazu kommen individuelle Ämtli.
In ihrer Klasse ist ein Junge für die Hühner zuständig. Jeden Vormittag füttert er die Tiere und sammelt die Eier ein. "Die Arbeit auf dem Hof fördert die Fachkompetenz im Bereich Naturkunde und bietet Abwechslung zum Schulzimmer", erzählt Dominique Riesen. "Gerade für Kinder, die sich sitzend nicht so lange konzentrieren können, sind die Stunden auf dem Hof und Ämtli wie das Eierholen wertvoll."
Neben dem Unterricht und dem Hof besuchen viele Kinder und Jugendliche noch verschiedene Therapieangebote im Weissenheim, etwa Logopädie, Musiktherapie oder die Plastiziertherapie. "Jedes Kind hat einen individuellen Stundenplan. Das führt dazu, dass ich oft nicht mit der ganzen Klasse arbeiten kann."
Welche Eigenschaften braucht eine Heilpädagogin, ein Heilpädagoge?
"Ganz wichtig ist ein positives Menschenbild", sagt Dominique Riesen überzeugt. "Die Arbeit mit zum Teil sehr verhaltensauffälligen Kindern fordert einen ganz schön heraus. Da ist es wichtig, positiv zu bleiben, lösungs- und ressourcenorientiert zu handeln, geduldig zu sein und möglichst vielfältige Zugänge zu ermöglichen."
Und die Kräfte müsse man gut einteilen. "Am Anfang habe ich zum Beispiel viel zu Hause vorbereitet. Jetzt erledige ich alles in der Schule." Natürlich könne es ab und zu vorkommen, dass herausfordernde Situationen einen am Abend oder zu Hause beschäftigen. Damit müsse man lernen umzugehen.
Für Dominique Riesen überwiegt aber ganz klar das Positive in ihrem Beruf und davon gebe es viel: "Die Kinder sind oft sehr dankbar und froh, wenn man sie unterstützt. Und sie alle machen Fortschritte. Manchmal kleinere, manchmal grössere. Zu sehen, wie wir zusammen Schritt für Schritt etwas aufbauen und entwickeln können, macht die Arbeit enorm motivierend und gibt ihr Sinn."