Neue Forschungsprojekte zu sozialer Integration, Aggressionsprävention oder Stressbewältigung

An der PHBern starten mehrere neue Forschungsprojekte, die sich mit zentralen Herausforderungen im Bildungsbereich auseinandersetzen. Die Studien decken ein breites Spektrum ab, darunter soziale Integration, Aggressionsprävention, Stressbewältigung und Lehrpersonenmobilität. Sie verfolgen das Ziel, allen Schülerinnen und Schülern bessere Chancen zu bieten.
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Das Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation der PHBern setzt mit seinen neuesten Forschungsinitiativen wichtige Impulse für die Bildungslandschaft. Die Projekte decken ein breites Spektrum aktueller Bildungsherausforderungen ab und zielen darauf ab, die Aus- und Weiterbildung von Lehrpersonen wissenschaftlich zu fundieren sowie die Schul- und Unterrichtspraxis weiterzuentwickeln.

Aggressives Verhalten im Schulalltag verstehen und reduzieren

Intakte soziale Beziehungen sind eine Grundvoraussetzung für erfolgreichen Unterricht. Aggressives Verhalten von Schülerinnen und Schülern sowie Lehrpersonen beeinträchtig diese Beziehungen, erschwert Lehr-Lernprozesse und gefährdet eine gesunde Entwicklung aller Beteiligten. Forschung kann Schulen im Umgang mit aggressivem Verhalten unterstützen.

Während sich die Aggressionsforschung in den letzten Jahren zunehmend spezialisiert und einzelne Sonderformen der Aggression wie zum Beispiel Mobbing erforscht hat, sind Schulen mit der ganzen Bandbreite aggressiven Verhaltens konfrontiert. Die Studie "Aggression in Lehrer-Schüler-Interaktionen", kurz LISA, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz und untersucht verschiedene Arten von aggressivem Verhalten seitens der Schülerinnen und Schüler sowie seitens der Lehrpersonen. Sie analysiert mehrperspektivisch, wie häufig solche Verhaltensweisen auftreten und wie sie miteinander zusammenhängen. Aggressives Verhalten wird dabei als interaktionales Problem verstanden, in dem mehrere Parteien (Schülerinnen und Schüler oder Lehrpersonen) miteinander interagieren und somit zum weiteren Verlauf beitragen. LISA untersucht auch, welche Faktoren aggressives Verhalten von Schülerinnen und Schülern sowie von Lehrpersonen beeinflussen.

Damit liefert die Studie einen wichtigen Beitrag für Schulen und Lehrpersonen, indem sie aggressives Verhalten in der Interaktion untersucht und dabei zentrale Einflussfaktoren identifiziert, die eskalierende Interaktionsmuster verhindern können. Diese Erkenntnisse können helfen, Schulen im Umgang mit aggressivem Verhalten zu sensibilisieren.

ProjektAggression in Lehrer-Schüler Interaktionen LISA                                            
LeitungProf. Dr. Alexander Wettstein
TeamIda Schneider
Laufzeit1. Mai 2024 bis 30. April 2028

Alltagssprache im naturwissenschaftlichen Unterricht

Lehrpersonen nutzen oft intuitive Erklärungen, um naturwissenschaftliche Inhalte zu vermitteln. Ihr Einsatz kann sowohl das Lernen erleichtern als auch Missverständnisse hervorrufen. Wann und warum greifen erfahrene Lehrpersonen auf solche Erklärungen zurück und wie wirken sich ihre fachdidaktischen Normen auf deren Nutzung im Unterricht aus?

Das Forschungsprojekt beschäftigt sich mit diesen Fragen. Es untersucht, wie erfahrene Lehrpersonen im naturwissenschaftlichen Unterricht intuitive Erklärungen einsetzen und welchen Einfluss ihre fachdidaktischen Überzeugungen dabei haben. 

Ziel des Projekts ist es, herauszufinden, wie intuitive Erklärungen gezielt eingesetzt werden können, um den naturwissenschaftlichen Unterricht zu verbessern und die fachdidaktische Ausbildung von Lehrpersonen zu unterstützen.

ProjektAnthropomorphismus und Teleologie im naturwissenschaftlichen Unterricht: Der Gebrauch von intuitiven Erklärungen durch Primarlehrpersonen
LeitungProf. Dr. Sebastian Tempelmann
TeamDr. Isabell Adler
Laufzeit1. September 2024 bis 31. August 2026

Integration, Stress und Wohlbefinden in Schulen

Die zunehmende schulische Integration führt zu neuen Herausforderungen für Lehrpersonen und Schulteams. Erleben Lehrpersonen an Schulen mit hohen Integrationsanforderungen mehr Stress? Welche personalen und schulbezogenen Faktoren wirken sich positiv auf das Wohlbefinden der Lehrpersonen aus? Und wie geht es den Lernenden und Erziehungsberechtigten in integrativen Schulen? 

Das Forschungsprojekt geht diesen Fragen nach. Es wird vom Schweizerischen Nationalfonds finanziert und vom Dachverband der Schweizer Lehrerinnen und Lehrer unterstützt. Für das Projekt sollen die Schulteams, Lernenden und Erziehungsberechtigten aus rund 200 Schulen in der Deutschschweiz befragt und Interviews mit 20 Schulteams geführt werden. 

Das Ziel des Projektes ist es, gesundheitsfördernde und stressreduzierende Merkmale im Zusammenhang mit der Integration zu identifizieren, um Schulteams zu unterstützen. 

ProjektSWING: Stress und Wohlbefinden von Schulteams im Kontext schulischer Integration
LeitungProf. Dr. Caroline Sahli, Lozano Dr. Sergej Wüthrich
TeamLeoni Frei, Sophie Schneider, Fabian Setz, Matthias Wicki
Laufzeit01. August 2024  bis  31. Juli 2028
DrittmittelSchweizerischer Nationalfonds (SNF)

Lehrpersonenmobilität im Sprachenunterricht

Im Projekt "Immersion autrement" tauschen Lehrpersonen aus der Deutschschweiz und der Westschweiz während des Schuljahres 2025/2026 an einem festgelegten Wochentag ihre Arbeitsplätze. An diesem Tag unterrichtet eine Lehrperson aus der anderen Sprachregion die Schülerinnen und Schüler in ihrer Muttersprache. 

Das Projekt, das in Zusammenarbeit mit der PH FHNW durchgeführt wird, erweitert die sprachlichen und transkulturellen Kompetenzen von Lehrpersonen und Lernenden durch Lehrpersonenmobilität und zweisprachigen Unterricht. Es stärkt zudem die interkantonale Kooperation zwischen den Volksschulämtern der verschiedenen Kantone und bietet eine konkrete Umsetzung zu den "Ausführungsempfehlungen für die interkantonale Koordination von Austausch und Mobilität" (EDK 2019).

ProjektImmersion autrement: Lehrpersonenmobilität als Schlüssel zu immersivem Unterricht
LeitungDr. Simone Ganguillet, Dr. Gwendolin Lovey
Laufzeit1. September 2024 bis 31. August 2026
DrittmittelBundesamt für Kultur (BAK)

Mehrsprachigkeit an Pädagogischen Hochschulen

Die Schweiz entwickelt sich zunehmend zu einer Migrationsgesellschaft, was die Pädagogischen Hochschulen vor neue Herausforderungen stellt. Das anwendungsorientierte Forschungsprojekt untersucht in diesem Zusammenhang die Rolle der Heritage Languages, also der Herkunftssprachen von Personen, die Deutsch als Zweitsprache sprechen. Das Projekt prüft, welche Lehrangebote zur migrationsbedingten Mehrsprachigkeit in den verschiedenen Studiengängen existieren und in welchen Fachbereichen diese Themen behandelt werden. Ausserdem analysiert es, inwieweit Projekte, die vom Bundesamt für Kultur gefördert werden, bereits in der Lehre und Weiterbildung umgesetzt sind. 

Die Ergebnisse dieser Bestandsaufnahme werden an einer Tagung mit Akteurinnen und Akteuren der Bildungspolitik, angehenden und amtierenden Lehrpersonen sowie Lehrpersonen der Heritage Languages diskutiert.

ProjektLernen in Migrationssprachen – Die Rolle der Pädagogischen Hochschulen
LeitungDr. Irene Zingg, Dr. Maria de Lurdes Santos Gonçalves
TeamOlga Alexandre, Tirso Apóstol, Johannes Gruber, Edina Kazinci, Markus Truniger
Laufzeit1. August 2024 bis 31. Januar 2026
DrittmittelBundesamt für Kultur (BAK)

Plattform für Lehrmaterial im zweisprachigen Unterricht

Mit dem Projekt "Ensemble !" soll der Austausch unter Lehrpersonen im bilingualen und immersiven Unterricht verbessert werden. Obwohl bilingualer Unterricht in der Schweiz zunehmend wichtig wird, war er historisch gesehen nicht immer etabliert. Seit einigen Jahrzehnten bieten Schulen in verschiedenen Kantonen Deutsch und Französisch gemeinsam an, kämpfen jedoch mit der Anpassung ihrer Lehrpläne und dem Fehlen von offiziellem Lehrmaterial. Aus diesem Umstand heraus entwickeln Lehrpersonen häufig innovative, aber wenig verbreitete Unterrichtspraktiken. 

Das Projekt untersucht, wie eine Plattform zur gemeinsamen Nutzung von Lehrmaterial den Bedürfnissen der Lehrpersonen im zweisprachigen und immersiven Deutsch-Französisch-Unterricht besser gerecht werden kann. Ein ausgewählter Kreis von Lehrpersonen wird die Plattform testen, bevor sie später öffentlich zugänglich gemacht wird.

ProjektENSEMBLE ! Plateforme pour la mutualisation du matériel didactique pour l’enseignement bilingue
LeitungProf. Dr. habil Jésabel Robin
TeamVera Ernsting, Prof. Dr. Delphine Etienne-Tomasini, Prof. Dr. Emile Jenny, Dr. Gwendolin Lovey, Prof. Dr. Vincenzo Todisco
Laufzeit1. August 2024 bis 31. Juli 2025
DrittmittelBundesamt für Kultur (BAK)

Schulergänzende Tagesstrukturen

Bis heute besteht in der Schweiz kein Konsens über die Aus- und Weiterbildung des Personals in Tagesstrukturen. Das Projekt "Schulergänzende Tagesstrukturen" zielt deshalb darauf ab, die Betreuung in schulergänzenden Tagesstrukturen in der Schweiz zu verbessern und spezifische Ausbildungsstandards für Betreuungs- und Leitungspersonen zu definieren.

Im Rahmen des Projekts wird die aktuelle Situation in der Schweiz analysiert und es werden Grundlagen für die Aus- und Weiterbildung von Betreuungspersonen entwickelt. Die Ergebnisse werden in einem Grundlagenpapier festgehalten und im Rahmen einer nationalen Tagung mit den verschiedenen Aus- und Weiterbildungsinstitutionen in der Schweiz diskutiert. Zudem soll ein Konzept für einen digitalen Lehrgang für Führungspersonen von Tagesstrukturen erarbeitet werden. Diese Massnahmen fördern die nationale Diskussion und bringen die verschiedenen, nationalen Stakeholder gezielt zusammen.

ProjektCONSENT Schulergänzende Tagesstrukturen: Grundlagen für die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden
LeitungDr. Michelle Jutzi, Dr. Regula Windlinger
Laufzeit1. August 2024 bis 31. Juli 2025
DrittmittelMovetia

Soziale Integration mit Bilderbuch-Diskussionen fördern

Der soziale Ausschluss von Kindern aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten sozialen Gruppen (bspw. ethnische Herkunft, Religion, Armut) beeinträchtigt ihre emotionale und schulische Entwicklung.

Das achtwöchige Präventionsprogramm "Sichtbar" zielt darauf ab, die soziale Integration in Unterstufenklassen zu fördern. Dabei nutzen die Schülerinnen und Schüler Bilderbücher, um über Vorurteile, Diskriminierung, sozialen Zusammenhalt und Zivilcourage zu diskutieren. Durch eine kritische Auseinandersetzung mit den Kernaussagen der Bücher, den Perspektiven der Figuren und den dargestellten Gruppendynamiken soll ihr Verständnis für sozialen Ein- und Ausschluss erhöht und eine positive Einstellung gegenüber Minderheiten gefördert werden. 

Vor der Durchführung des Programms erhalten Lehrpersonen in einer Weiterbildung Hintergrundwissen und Techniken, um literarische Gespräche zu moderieren. Vor und nach dem Programm werden die Schülerinnen und Schüler der 24 teilnehmenden Klassen interviewt und ihre Klassendiskussionen gefilmt.

Der literarische Diskussionsansatz kann als Modell dafür dienen, wie soziales Lernen in den Sprachunterricht integriert werden kann.

ProjektReducing intergroup exclusion through social reasoning: Effectiveness of a literary-based intervention in early elementary school
LeitungProf. Dr. Luciano Gasser, David Preisig
Laufzeit1. April 2024 bis 31. März 2028

Vergabe und Auswirkungen reduzierter individueller Lernziele

Lernende mit besonderem Bildungsbedarf werden in der Schweiz und international zunehmend integrativ in Regelklassen unterrichtet. Nicht alle Lernenden können jedoch die regulären Lernziele erreichen. Die Reduktion individueller Lernziele (riLZ) gehört zu den häufigsten Massnahmen, um integrativen Unterricht während der ganzen obligatorischen Schulzeit zu ermöglichen.

Das Projekt "RILZCHECK" verfolgt das Ziel, die Muster der Vergabe sowie die Auswirkungen der Massnahme riLZ auf die Bildungslaufbahn von Lernenden zu untersuchen. Dazu werden Daten standardisierter, schulischer Leistungstests aller Lernenden der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt und Solothurn (Bildungsraum Nordwestschweiz) mittels quantitativer Methoden ausgewertet.

Das Projekt liefert nicht nur wichtige Erkenntnisse für die Forschung, sondern gibt der Schulpraxis konkrete Hinweise für die Weiterentwicklung der Massnahme riLZ.

ProjektRILZCHECK – Vergabe und Auswirkungen von Reduzierten Individuellen Lernzielen: Eine Sekundäranalyse der Checks-Daten im Bildungsraum Nordwestschweiz
LeitungProf. Dr. Caroline Sahli Lozano
TeamDr. Robin Benz
Laufzeit1. August 2024 bis 31. Juli 2028

Zwischenhalte Zukunft

Angesichts der aktuellen Krisen und Unsicherheiten fällt es insbesondere Jugendlichen schwer, sich positiv und hoffnungsvoll mit der Zukunft auseinanderzusetzen. Im Rahmen des Projekts "Zwischenhalte Zukunft" wird ein interdisziplinär angelegtes Unterrichtsangebot (Legespiel, Unterrichtsmaterial und didaktischer Kommentar) entwickelt und forschungsbasiert evaluiert.

Dieses Unterrichtsangebot ermöglicht es den Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe I, wissenschaftlich fundierte Lösungsansätze für Schlüsselfragen unserer Zeit (z.B. Energie, Urbanisierung, Landwirtschaft) in der sie umgebenden Landschaft zu verankern. Dabei sollen sie sich spielerisch, kreativ und hoffnungsvoll mit ihren Vorstellungen einer wünschenswerten Zukunft auseinandersetzen. Gleichzeitig unterstützt das Angebot Lehrpersonen darin, dem fächerübergreifenden Anspruch einer Bildung für Nachhaltige Entwicklung (BNE) gerecht zu werden und nebst kognitiven auch sozio-emotionale BNE-Kompetenzen zu fördern. 

ProjektZwischenhalte Zukunft
LeitungDr. Moritz Gubler
TeamDr. Petra Bättig, Dr. Sarah-Jane Conrad, Monica Jäger
Laufzeit1. September 2024 bis 31. Juli 2026
Drittmitteléducation21, Ernst Göhner Stiftung, Jubiläumsstiftung der Mobiliar, Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften ZHAW

Bildung schafft Chancen – dafür setzen sich die Forschenden der PHBern ein.

Das Institut für Forschung, Entwicklung und Evaluation der PHBern fördert mit exzellenter Forschung, gezielter Nachwuchsförderung und einem offenen Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen hochwertige Bildung für alle.