Bildnerisches Gestalten
Was fühlst du?
Eine Frage, so kurz und doch so schwer
Eine Frage so simpel und doch so komplex
Eine Frage, die ich beantworten sollte, aber nicht kann
Ich finde keine Worte
Ich finde keine Erklärung für das Chaos in mir
Ich finde mich oft selbst nicht in mir
Und wenn ich etwas finde, kann ich es nicht aussprechen
Aus Unsicherheit? Aus Verlegenheit? Aus Angst?
Um mich zu schützen? Um dich zu schützen?
Ich wünschte, du könntest einfach in mich hineinsehen
Sehen, was deine Worte auslösen
Was sie bewegen und anhalten
Was sie erhellen und verdunkeln
Was sie erschaffen und zerstören
Ich wünschte, du könntest mich sehen
mit all meinen Farben
Eine künstlerische Auseinandersetzung mit der Wahrnehmung und Vermittlung von Gefühlen in der modernen Gesellschaft
Die Gegenwart ist eine permanente Reizüberflutung. Der Kapitalismus und die Digitalisierung überschütten uns mit Bildern, Videos, Nachrichten und Schlagzeilen. Alles ist im ständigen Wandel und jede Bewegung hat eine Gegenbewegung. Man muss versuchen sich von anderen abzuheben und gleichzeitig Anschluss finden. Deshalb verbringen wir unglaublich viel Zeit mit Planungen, Bewertungen, Berechnungen, Noten, Kalorien, Geld, Likes und Followern: Es gibt fast nichts, was nicht gezählt oder dem nicht numerische Bedeutung beigemessen werden kann. Wir sind umgeben von Statistiken, Diagrammen und Algorithmen, die unser ganzes Dasein beeinflussen. Nur was zähl- und messbar ist, ist relevant.
In dieser gehetzten Welt voller Zahlen geht das Selbst viel zu schnell verloren. Durch die Flut an äusseren Eindrücken vergisst man, auch nach innen zu schauen. Wahrscheinlich sind wir deshalb zunehmend überfordert mit unseren eigenen Gefühlen. Wir können sie selten richtig benennen und erst recht nicht verstehen. Die Kommunikation über Gefühle gestaltet sich deshalb entsprechend schwierig.
Mein Projekt «(self) recognition» ist ein Versuch, diesen Umständen entgegenzuwirken. Für die künstlerische Auseinandersetzung mit meiner Innenwelt dokumentierte ich alle meine Gefühle und Verhaltensweisen während einem halben Jahr in einem digitalen Programm. Die ansonsten nicht greifbaren und irrationalen Gefühle werden durch die systematische Dokumentation in vergleichbare und analysierbare Daten übersetzt. Es entsteht ein ironischer Bezug zur Digitalisierung und dem modernen Bedürfnis nach Ordnung. Zudem sammelte ich verschiedene emotionale Spuren aus meinem Alltag in Form von Texten, Songs, Nachrichten, Fotos und Aussagen von nahestehenden Personen. Die gesammelten Eindrücke und Erkenntnisse dienten als Grundlage für mein Projekt und bilden als Sammlung ein abstraktes Selbstporträt. Gleichzeitig kritisiert das Projekt mit seiner Intimität und Direktheit unseren Umgang mit Gefühlen und die Art, wie wir über sie kommunizieren.