Michelle Käsermann - Vom Buch und der Wertschätzung

Technisches Gestalten

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das Chaos ungeordneter Gedanken

die Dynamik alltäglicher Kleinigkeiten

der Drang nach authentischem Ausdruck

die stützende Struktur

der Wunsch nach Konserve

fünf Zeugen

Begleitet vom Wunsch, Abstraktion mit ganz Konkretem zu verbinden, setze ich mich mit darstellenden Formen und verschiedenen Buchbindungsarten auseinander. Eine Buchkollektion entsteht, wobei sich Inhalt und Zweck des einzelnen Buchs in der Ästhetik des Einbandes spiegelt.


 

Eine intime Kollektion

Gaze, Vorsatz und Kapitalband – Begriffe, die mit dem Handwerk des Buchbindens an Relevanz verlieren und in Vergessenheit geraten. Noch während dem Verblassen des durch effiziente Technologien ersetzten Handwerks wird das Buch mit seinem schweren ökologischen Fuss skeptisch beäugt und in Frage gestellt. Warum also noch Buchbinden?

Durch die Auseinandersetzung mit dem Handwerk des Buchbindens habe ich mich auf der Zeitachse der schnell fortschreitenden technischen Möglichkeiten zurückbewegt. Dabei hat sich nicht nur die Richtung, sondern auch das Empfinden der Zeit verschoben: Die abstrakten Gedanken über die beinahe unendlich wirkenden Möglichkeiten der heutigen Technik, sowie der sich schnell verstrickenden Folgen von voreiligen Umsetzungen können sich im Kopf überfordernd schnell bewegen, wobei ein Durch- oder Überblick manchmal unmöglich scheint. Im Gegensatz dazu erhält beim Binden eines Einzelstücks jeder konkrete Arbeitsschritt die für die Umsetzung erforderliche Zeit.

Auch im Klassenzimmer wird oft durch eine Überschreitung des persönlichen Tempos gelitten. Gründe können abstrakte Ängste als Folge von Vergleichen mit Klassenkamerad:innen oder Leistungsdruck sein, während das nächste Thema schon hinter der Ecke lauert. Andersrum ist die handwerkliche Tätigkeit eine Arbeit, bei der sich die Konzentration auf sehr Konkretes und tatsächlich Stattfindendes richtet. Da scheint mir das Erstellen von einem Buch als Gefäss für Erlerntes als Wertschätzung für die erbrachte Arbeit sinnvoll. Aber durch das Zurückfinden in die Synchronität von Denken und Tun vor allem auch als Wertschätzung für das eigene Tempo.

So begleitet das Gegensatzpaar von Abstraktion und Konkretem sowie dem Wunsch nach deren Vereinigung in verschiedenen Bereichen durch meine Projektarbeit. Mit einem Notiz-, Tage- und einem Zeichnungsbuch, einer Agenda sowie einem Fotobuch habe ich meine Kollektion intimen Inhalten gewidmet. Von Christoph Zürcher, Buchbinder in Konolfingen, lernte ich einzelne, auf den Zweck abgestimmte Buchbindungsarten. Parallel dazu gestaltete ich die Einbände und suchte dabei als Abstraktion des jeweiligen Buches nach eigenständigen Formen, die untereinander in Verbindung treten.

Material und Technik

Faden- und Klebegebundene Bücher mit Stoffeinbänden, durch Applikationen verziert