"Verstehen ist der erste Schritt zur Lösung des Problems"

"Ich kann gar nichts!" – "Mir geht es schlecht und ich werde ungerecht behandelt!" – "Hier hört man mir einfach nicht zu!": Diese drei Aussagen von Schülerinnen und Schülern kennen die allermeisten Lehrerinnen und Lehrer. Sie stehen exemplarisch für drei von zwölf Fallbeispielen im neuen Buch "Unterrichtssituationen meistern 2" von Rolf Gschwend.
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Fallanalysen helfen, eine problematische Unterrichtssituation zu verstehen und zu meistern. Bei der Anwendung und Durchführung ist entscheidend, dass die schwierige Ausbildungs- oder Unterrichtssituation sorgfältig Schritt für Schritt untersucht wird, bevor Lösungen entwickelt werden. Die Analyse erfolgt in vier Schritten:

1. Beschreiben und Verstehen einer komplexen Situation

Folgende Leitfragen unterstützen den Prozess: Was fällt auf, wenn man die ganze Fallbeschreibung überblickt? Welche Details, Formulierungen, Redewendungen springen ins Auge? Welche Stimmung herrscht vor?

2. Herausschälen des eigentlichen Problems
Was ist das dringlichste Problem aus der Sicht der Lehrperson? Daraus wird – wenn möglich – eine Problemfrage formuliert.

3. Suche nach Erklärungen auf der Basis pädagogischen und psychologischen Wissens
Im dritten Schritt beleuchtet eine Fachexpertin oder ein Fachexperte verschiedene Aspekte der Problemsituation aus theoretischer Sicht, jedoch immer unter Bezug auf den konkreten Fall. Es geht hier im Gegensatz zum ersten und zweiten Schritt darum, das geschilderte Geschehen zu erklären.

4. Das Entwickeln von Lösungsansätzen
Aufgrund der ersten drei Schritte sollten die Lösungsansätze nachvollziehbar und plausibel sein, zugleich auch so konkret, dass nicht involvierte Lehrpersonen daraus Vorgehensweisen für den eigenen Unterricht ableiten können. Leitfragen sind dabei: Welche Lösungsansätze scheinen zielführend? Was wäre möglich und sinnvoll?

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Abbildung: Vorgehensweise bei der Fallstudienarbeit (zvg)

Es geht stets darum, die konkrete Situation nicht aus dem Blick zu verlieren und Lösungsvorschläge daraufhin zu prüfen, ob sie für die Beteiligten plausibel und konkret umsetzbar sind.

Erfahrungswissen und Theorie verknüpfen
Regula Kyburz-Graber, emeritierte Professorin für Gymnasialpädagogik der Universität Zürich, betont im Vorwort, weshalb die Verknüpfung von Erfahrungswissen und Theorie wichtig ist: «Eigene Erfahrungen und Alltagstheorien sind in dieser Analysephase ebenso hilfreich wie wissenschaftlich abgestützte Theorien und Modelle. Wichtig ist die Verknüpfung der beiden Ansätze. Alltagstheorien allein bergen die Gefahr, dass man nicht belegten Vorurteilen aufsitzt; wissenschaftliche Theorien auf der anderen Seite müssen in praktische Situationen übersetzt werden, damit sie handlungswirksam werden können.» Für diese Übersetzungsarbeit wiederum sei praktisches Erfahrungswissen notwendig. Denn beide – wissenschaftliche Theorien und Alltagstheorien – sollten miteinander verwoben sein. Genau das macht das Buch von Rolf Gschwend – und bietet damit Anregungen für Lehrerinnen und Lehrer zum konstruktiven Umgang mit Jugendlichen in schwierigen Situationen.

Details zum Buch
Unterrichtssituationen meistern 2, 12 Fallstudien aus Brückenangeboten von Rolf Gschwend, 1. Auflage 2020, ISBN 978-3-0355-1808-5, erschienen im hep Verlag

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