Reportagen aus einem sozioökonomisch durchmischten Quartier

Am 11. Juni 2021 fand das Abschlussfest des Projekts «Reporter_innen unterwegs 20/21» statt. Kinder und Jugendliche aus dem Berner Holligen-Quartier erarbeiteten während eines Jahres, begleitet von Studierenden der PHBern, eigene Projekte.
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Gemeinsam mit ihren Mentorinnen und Mentoren erkundeten die beteiligten jungen Reporterinnen und Reporter (siehe Foto) bekannte und unbekannte Lebenswelten und präsentierten ihre Entdeckungen am 11. Juni 2021 dem Publikum. Gegen fünfzig Personen feierten im Vor_Park, der lebendigen Zwischennutzung des künftigen Stadtteilparks in Holligen, den Abschluss des Projektjahres: Neben Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik und aus dem Quartierverein, waren die Kinder und Jugendlichen, deren Eltern sowie Studierende und Dozierende der PHBern anwesend.  

Nicht nur das Wetter hielt sein Versprechen: Die Ergebnisse der Mentoring-Tandems – bestehend aus je einer jungen Reporterin, einem jungen Reporter, und einer Studentin, einem Studenten der PHBern – überzeugten die Eltern. «Ich bin sehr beeindruckt von den Resultaten, die entstanden sind – sowohl von meiner Tochter als auch von den anderen. Besonders imponiert hat mir der Schnitt der Videos sowie die Präsentation der Themen», so Hasnie Hanno Weber, Mutter einer jungen Reporterin.

Die Resultate der Streifzüge wurden anhand eines Postenlaufs im Quartier präsentiert: ein interaktiver Stadtplan, in der Quartierzeitung publizierte Comics, Fotoreportagen, ein Quiz, Action-Kamera-Aufnahmen von Velofahrten durchs Quartier oder filmische Anleitungen für die Herstellung von Power Drinks.

Wünsche an die Politik
Im Vor_Park übergaben die beteiligten Kinder und Jugendlichen der ehemaligen Gemeinderätin Edith Olibet und Leiterin der AG Holligen 2020 sowie dem Stadtrat Fuat Köçer ihre Wunschliste für das Quartier. Sie wurde dankend entgegengenommen: Köçer sagte, er werde sich insbesondere für die Wünsche nach mehr Schulraum und mehr Grünflächen aktiv einsetzen. Auch die Erfüllung kleinerer Wünsche wie ein neuer Pingpong-Tisch müssten eigentlich umgesetzt werden können, meinte er.

Stadtrat Fuat Köçer ging selber in diesem Quartier zur Schule und kennt die Herausforderungen: «Das Quartier Steigerhubel/Brunnmatt ist sozioökonomisch sehr durchmischt. Das Projekt «Repoter_innen unterwegs» ermöglicht Erfahrungen, die für beide Seiten gewinnbringend sind. Auch für die Schule als Institution ist es ein Gewinn, wenn man gemeinsam mit der PHBern an der Gestaltung des Quartiers mitwirken kann. Und auch für die PHBern ist es spannend: So bleibt man nicht nur in der Theorie, sondern erfährt eins zu eins, was es heisst, in einem solchen Quartier zur Schule zu gehen.»

Fotos: Manuel Lopez

Chancengleichheit, Heterogenität sowie neue partizipative Methoden
Die Studierenden der PHBern beschäftigen sich im Wahlmodul «Reporter_innen unterwegs» nicht nur mit Chancengleichheit und Heterogenität, sondern lernen auch offene Projektarbeit und partizipative Methoden kennen: «Ich habe gelernt, dass oft gar nicht viel organisiert werden muss, damit ein Projekt entsteht. Das geschieht insbesondere dann, wenn das Kind den Lead übernimmt und man sich selbst zurücknimmt. Diese Art der Begleitung in einem Mentorat habe ich neu kennengelernt. Ich möchte dies in meinen Unterricht einfliessen lassen», so die Studentin Vera Schär. Die Kinder und Jugendlichen werden in diesem Projekt im sprachlichen Ausdruck und der bildnerischen Gestaltung gefördert und von Fachpersonen aus der Medienwerkstatt unterstützt.

Das Projekt ist auf verschiedenen Ebenen wichtig
Wichtig ist das Projekt auf ganz verschiedenen Ebenen: «Die Studierenden machen Erfahrungen, die sie sonst nicht haben, weder im Studium noch als Lehrperson. Das Projekt bietet ihnen die Möglichkeit, sich der Perspektive der Kinder anzunähern und einen kleinen Einblick in verschiedene Familien zu erhalten. Sie erleben zum Beispiel, was es bedeuten kann, eine andere Erstsprache als Deutsch zu sprechen. Die Kinder und Jugendlichen haben eine Bezugsperson, die sie während acht Monaten bei der Realisierung eines Projekts begleitet, das ihren eigenen Ideen und Wünschen entspringt», erklären die Projektleiterinnen Simone Suter und Sabine Lütolf.  

Die Kinder und Jugendlichen schätzen die Zeit mit ihren Mentorinnen und Mentoren. «Wir haben während des Projektes so viel gemacht, ich habe manches über Schnecken oder Kaninchen gelernt. Einmal haben wir gemeinsam Pizza gegessen, das war toll!», erzählt die Schülerin Lihiem. Andere schwärmen von ihren Erfahrungen, mit der am Velo montierten Kamera durchs Quartier zu fahren. Oder sie berichten vom Erlebnis, mit der Spiegelreflexkamera Bilder zu schiessen, auf denen Süssigkeiten versteckt sind – die Passion der Gruppe «candy crash». Andere sind stolz auf ihre Entdeckung einer Gelbbauchunke oder das Beobachten eines Rotmilans – und das alles in ihrem Quartier Steigerhubel/Brunnmatt.


Das Projekt «Reporter_innen unterwegs» wird auch im Schuljahr 2021/22 wieder durchgeführt.