"Ich musste mich aus der Komfortzone bewegen"

Vor fünf Jahren ist Cornelia Donzé in den Lehrberuf zurückgekehrt – nach zehn Jahren Familienpause. Was hat sie motiviert, wieder zu unterrichten? Wie hat sie sich auf den Wiedereinstieg vorbereitet? Mit welchem Gefühl hat sie am «ersten Schultag» das Klassenzimmer betreten?
NEWS —

Frau Donzé, wie fühlt es sich an, wieder als Lehrerin zu arbeiten?
Es fühlt sich richtig an. Die Arbeit in der Schule und meine Tätigkeit als Familienfrau ergänzen sich prima. Die beiden Bereiche bereichern sich, auch wenn es zuweilen herausfordernd ist, allen Ansprüchen gerecht zu werden.

Erinnern Sie sich an Ihren «ersten Schultag»? Mit welchem Gefühl haben Sie das Klassenzimmer betreten?
Mit Respekt. Es war viel Ungewissheit dabei. Kann ich das noch? Ist mein Wissen noch aktuell? Aber als ich mit den Kindern im Kreis sass, war es, als wäre ich nie weggewesen. Die Schule hat sich verändert, klar. Aber im Kern geht es nach wie vor darum, eine Beziehung zu den Kindern aufzubauen, sie zu unterrichten, zu coachen, zu betreuen. Das verlernt man nicht – zumal, wenn man wie ich vier eigene Kinder hat.

Was hat Sie motiviert,in den Beruf zurückzukehren?
Mit dem Älterwerden meiner Kinder entstand das Bedürfnis, wieder berufstätig zu sein. Aber so, dass Familie und Beruf sich vereinbaren lassen. Als Lehrerin geht das. Man kann Teilzeit arbeiten. Und da ich leidenschaftlich gerne unterrichte, stand mein Entschluss bald fest.

Wie sind Sie den Wiedereinstieg
angegangen?

Da ich keinen finanziellen Druck hatte, musste ich mich aus der Komfortzone bewegen … (lacht). In Spiez gibt es eine Beratungsstelle der PHBern. Die Beraterin betrachtete meine Biografie und meinte: «Sie haben nicht zehn Jahre nichts gemacht. Sie haben vier Kinder grossgezogen, eine Spielgruppe geleitet, Eltern im Heimunterricht unterstützt … Sie sind noch immer ein Profi.» Dieses qualifizierte Feedback war wichtig für mich. Es machte mir Mut, den Schritt zu wagen.

War es schwierig, eine Anstellung mit passendem Pensum zu finden?
Ich konnte relativ rasch Stellvertretungen übernehmen, zuerst in Spiez, später in Leissigen. Schliesslich bot mir die Spiezer Schule eine Festanstellung mit acht Lektionen an, was für meine damalige Situation perfekt war. Heute habe ich ein Pensum von zwölf Lektionen.

Die Schule hat sich in den letzten Jahren stark verändert.Zwei Stichworte: Lehrplan 21, Digitalisierung. Wie haben Sie sich auf den Wiedereinstieg vorbereitet?
Ich habe Fachliteratur gelesen und einen Wiedereinsteigerkurs an der PHBern besucht. Was den Lehrplan 21 betrifft: Die Einführungskurse an der PHBern begannen just zum Zeitpunkt meines Wiedereinstiegs. Das war optimales Timing. Etwas schwerer tue ich mich bis heute mit der Digitalisierung. Doch während der Schulschliessung im Frühling habe ich viel dazu gelernt – nicht selten von meinen eigenen Kindern.

Wie wichtig war das Kollegium in der Anfangsphase? Wurden Sie unterstützt und begleitet?
Für mich war es toll, auf ein so wohlwollendes Kollegium zu treffen. Meine Teampartnerin und der Schulleiter unterstützen mich wo immer nötig. Zu Beginn stellte ich viele Fragen, es fand ein intensiver Austausch statt. Das war sehr hilfreich. Wichtig ist, dass man auf die Kolleginnen und Kollegen zugeht – aber auch, dass man an den Wert der eigenen Erfahrungen glaubt. Zu Beginn will man alles Neue aufnehmen. Das weckt auch die Lust, sich im Rahmen von Kursen und Weiterbildungstagen intensiver damit zu beschäftigen.

Welchen Tipp geben Sie Kolleginnen und Kollegen, die den Wiedereinstieg erwägen?
Diskutiert mit Menschen eures Vertrauens, malt euch die künftige Stelle aus. So wird der Wunsch konkreter, der Prozess kommt ins Rollen. Danach heisst es loslegen. Macht Schulbesuche, geht zur Beratungsstelle der PHBern, absolviert einen Workshop für Wiedereinsteigende, nehmt Stellvertretungen an. So kehrt das Gefühl für den Beruf rasch zurück. Und es entsteht ein Netzwerk, das beim Finden der passenden Stelle hilft.

Die PHBern bietet Lehrpersonen, die sich den Wiedereinstieg in ihren Beruf überlegen, telefonische oder persönliche Beratungen an (031 309 27 26 / therese.vonarb@phbern.ch). Der Wiedereinstieg wird durch Einzelcoachings und spezifische Workshops unterstützt. Das Angebot der PHBern ist auch ein Beitrag gegen den Lehrpersonenmangel.