FORUM WEITERBILDUNG 2021

Wie können Schulen und Lehrpersonen unterstützt werden, damit sie für künftige Herausforderungen vorbereitet sind? Welche Kompetenzen benötigen Schülerinnen und Schüler, aber auch deren Lehrpersonen, um den kommenden Anforderungen zu begegnen? Wie gestaltet sich das individualisierte Lernen im Kontext der Digitalisierung zwischen Fremd- und Selbstbestimmung? Diese Fragen wurden am FORUM WEITERBILDUNG im Rahmen der Swissdidac 2021 diskutiert.
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Forum Weiterbildung 2021 - Rahel Tschopp
NEWS —

Das FORUM WEITERBILDUNG fand vom 22. bis 24. November 2021 unter dem Titel "Zukunft.Schule" vor Ort in Bern sowie online statt.

Soziale Kompetenzen fördern

Zwar kennen wir die Zukunft nicht, doch können wir fragen: Was sind treibende Kräfte, die diese Zukunft gestalten? Prof. Dr. Andreas Schleicher ist sich sicher: Schon heute geht es nicht mehr darum, Wissen einfach "zu haben", sondern es einordnen zu können. Es gilt, Schülerinnen und Schüler darin zu stärken, wie "Historikerinnen und Historiker" zu denken, anstatt ihnen Namen und Orte aus der Vergangenheit beizubringen. Oder sie dazu zu befähigen, wie "Mathematikerinnen und Mathematiker" zu denken, anstatt sie Exponentialfunktionen lösen zu lassen. In der Welt von morgen werde die Digitalisierung weiterhin grosse Disruptionen auslösen: Der Arbeitsmarkt werde sich weiter polarisieren und dabei den Graben zwischen Arbeitnehmenden entlang der digitalen Fähigkeiten weiter vergrössern. Auch werde die Dominanz durch immer weniger Unternehmen weiter zunehmen und neue Unternehmen aus grossen Ideen statt grossen Industrien entstehen. Darin Orientierung zu ermöglichen, sei zentrale Aufgabe von Schule und Bildung. Dafür müssen soziale und emotionale Kompetenzen gefördert werden – das seien die Schlüsselkompetenzen der Zukunft.

Prof. Dr. Andreas Schleicher ist Direktor für Bildung und Kompetenzen und Berater für Bildungsfragen des Generalsekretärs bei der OECD. Er ist bekannt geworden durch die Entwicklung der internationalen Schulleistungsvergleichsstudie PISA und koordiniert andere Vergleichsstudien in den Bereichen Lehren und Lernen und zu Kompetenzmessung von Erwachsenen. 

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Forum Weiterbildung 2021 - Andreas Schleicher

Prof. Dr. Andreas Schleicher

Selbstwirksamkeit ermöglichen

Wie kann man sich auf die Zukunft vorbereiten, obwohl sie ungewiss ist? Das beleuchtete Tina Teucher in ihrem Input "Bildung und Megatrends: Was braucht es für Zukunftskompetenzen?". Ihr Rezept: Die Megatrends kennen und damit die eigene Resilienz stärken. Sie ging auf sechs solche Megatrends ein, die unsere Welt verändern: Neo-Ökologie, Urbanisierung, Connectivity, Silver Society, Gendershift und Bildung. Letzterer sei besonders wichtig für Gebiete wie Westeuropa, die kaum natürliche Ressourcen haben – schliesslich leben wir in einer Wissensgesellschaft. Gerade hier komme der Bildung die zentrale Aufgabe zu, junge Menschen dazu zu befähigen, die richtigen Fragen zu stellen. Als wichtige Bestandteile des Megatrends Bildung führte sie "Lebenslanges Lernen", "Virtuelle (Hoch-)Schulen" sowie "globaler Austausch" auf. Die Welt des 21. Jahrhunderts sei geprägt durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz. "Wie bereitet man Kinder auf so eine Welt vor?", fragt Tina Teucher. Schliesslich liesse sich diese Ausgangslage nur ungenügend in Lehrpläne integrieren. Ihre Antwort: Schülerinnen und Schüler müssten den Umgang mit Veränderung erlernen, damit sie ob der Komplexität nicht "ohnmächtig" werden, sondern dank Selbstwirksamkeit aktiv an den Veränderungen teilnehmen und sie gestalten lernen.

Tina Teucher publiziert über Zukunftskompetenz, nachhaltiges Management und gelingende Transformation. Sie ist Aufsichtsratsvorsitzende der Future eG, im Gesamtvorstand von B.A.U.M. e.V. und aktiv im Think Tank 30, dem jungen Netzwerk der Deutschen Gesellschaft Club of Rome. 

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Forum Weiterbildung 2021

Tina Teucher

Alte Muster überwinden

Als ob es ein Zauberwort wäre: Individualisierung. Der Begriff öffnet Herzen – und Portemonnaies. Doch: Was bedeutet die Individualisierung in der Digitalkultur? Welche Aspekte des Schulalltags betrifft sie? Wie bewegen sich die Schulen zwischen den Polen "Fremd- und Selbstbestimmung", zwischen "Kontrolle und Vertrauen"? Rahel Tschopp nahm das Publikum mit auf eine Reise durch die Schweiz. Genauer gesagt: In viele verschiedene, teils unkonventionelle Lernsettings, die heute bereits existieren. Individualisierung hat für sie sieben Dimensionen: Ziele, Methoden, Sozialform, Medien, Lernraum, Zeit und Inhalt. Sie berichtete von einer Schwyzer Schule, an der E-Sports (Gaming) durch die Sportlehrkraft unterrichtet wird. Oder von einer Luzerner Schule, die ihre Schulräume aus Platznot kurzerhand in den naheliegenden Wald erweiterte. Als Beispiel für die Dimension "Medien" betonte sie, wie wichtig es ist, dass sich Kinder auch in der Schule selbständig auf YouTube oder in Chatrooms bewegen dürften und nicht erst um Erlaubnis zu bitten haben, bevor sie ein Tablet nutzen können. Schliesslich frage auch kein Kind, ob es jetzt eine Schere verwenden dürfe. Es gilt, bei allen Bemühungen rund um Digitalkultur zu fragen: Was wollen wir als Schule damit erreichen? Und stets den Blick für das Ganze zu wahren, um nicht in alte Muster zurückzufallen.

Rahel Tschopp ist ausgebildete Primarlehrerin, Heilpädagogin und Schulleiterin. Sie studierte Business Coaching und Change Management, arbeitet seit rund zwanzig Jahren in der Weiterbildung von Lehrpersonen. Mit ihrer Denkreise GmbH unterstützt sie Kantone und Schulen auf dem Weg in die Digitalkultur. 

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Forum Weiterbildung 2021 - Rahel Tschopp

Rahel Tschopp

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