"Ein Bauprogramm ist im Prinzip eine Makroplanung"

Quereinsteigende mit einer Berufsausbildung bringen wichtige Erfahrungen und Kompetenzen mit – so wie Simon Neuweiler. Er besucht den Studiengang für das Fachdiplom Textiles und Technisches Gestalten (TTG) am Institut Sekundarstufe I und arbeitet im Baumanagement als Innenarchitekt HF. Warum der gelernte Schreiner als Lehrer arbeiten will, erklärt er im Interview.
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NEWS —

Verschiedene Wege führen zum Studium an die PHBern. Neben Personen mit einer gymnasialen Maturität sind auch Quereinsteigende mit einer Berufsausbildung willkommen. Für den ausgebildeten Schreiner und Innenarchitekten HF Simon Neuweiler sind die Werkräume im Hochschulzentrum vonRoll eine gewohnte Umgebung. Geschmeidig bewegt er sich zwischen den imposanten Maschinen hindurch und grüsst die Studierenden vor Ort, welche im "SOL" (selbstorganisierten Lernen) an ihren Projekten arbeiten. Simon Neuweiler ist neben dem Teilzeitstudium auch Dozent an der Berufsbildungsschule Winterthur. Dort unterrichtet er das Fach "Gestaltung und Entwurf" für angehende Schreinerinnenmeisterinnen und Schreinermeister. Dass er nun erneut die Schulbank drückt, ist nicht zufällig.  

Wie sind Sie als ausgebildeter Schreiner und Innenarchitekt auf die Idee gekommen, Lehrer für Textiles und Technisches Gestalten zu werden?  
Ich wollte als Kind entweder Schreiner, Zimmermann oder Bootsbauer werden – Hauptsache etwas Angewandtes, bei dem ich mich kreativ ausleben und ein Endprodukt in den Händen halten kann. Ein Erlebnis in der Primarstufe hat mich geprägt: Ich besuchte das Freifach Möbelbau und die Lehrperson konnte mir beim Handwerk selbst nicht helfen. In der Volksschule kommen handwerkliche Kompetenzen zu kurz; das Augenmerk ist auf akademische Leistungen gelegt. Dabei schulen handwerkliche Aufgaben Eigenschaften wie Kreativität, Präzision, Zuverlässigkeit und Mut. Als Lehrer im Fach TTG motiviert es mich, Schülerinnen und Schüler für manuelle Fertigkeiten zu packen – auch solche, die in akademischen Fächern nicht brillieren.  

Wie profitieren Lehrpersonen und die Schulen von einer vorgängigen Berufsausbildung? 
Ich habe bereits mehr als 15 Jahre Berufstätigkeit auf dem Buckel. Das bringt viel Lebenserfahrung und Selbstkompetenzen mit sich – der Umgang mit Stress, der raue Ton auf der Baustelle oder in Werkstätten, der wirtschaftliche Druck in KMUs oder auch das Arbeiten in hierarchischen Unternehmensstrukturen sind mir bestens bekannt. Dadurch ist die Glaubwürdigkeit von lebenserfahrenen Lehrpersonen mit vorgängiger Berufsausbildung bei Themen wie Berufswahl hoch. Ich kann Schülerinnen und Schüler beim Übertritt in eine Berufslehre unterstützen. Davon profitieren auch die Schulen – ein diverses Kollegium wird den vielseitigen Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler gerechter. 

Als Lehrer im Fach TTG motiviert es mich, Schülerinnen und Schüler für manuelle Fertigkeiten zu begeistern – gerade solche, die in kopflastigen Fächern nicht brillieren.
Simon Neuweiler  -  Student Institut Sekundarstufe I, PHBern

Sie leben in Winterthur, warum haben Sie sich für die PHBern entschieden? 
Das Fachdiplom TTG der PHBern ist einzigartig und wurde mir von meiner Mitbewohnerin empfohlen. Der Praxisbezug ist sehr hoch! Ich finde es toll, dass ich gleich nach den Sommerferien ein Praktikum habe und vor einer Klasse stehen kann. 

Wie erleben Sie die Mehrfachbelastung durch Studium und Arbeit? 
Ich studiere Teilzeit und kann in den Semesterferien mehr arbeiten als während des Semesters – das hilft. Die Vereinbarkeit von Privatem und Studium an der PHBern ist gegeben: Ich studiere eigentlich ausschliesslich mit Menschen, die Betreuungsverpflichtungen haben und/oder Berufe ausüben. Die Tage sind manchmal lange und ich muss gut planen. Aber diese Kompetenz ist auch in der Baubranche wichtig, ebenso wie im Berufsalltag als Lehrperson. Ein Bauprogramm zu konzipieren, ist im Prinzip vergleichbar mit der Erstellung einer Makroplanung für den Unterricht.  

Die PHBern kommt den Studierenden der Fachdiplome, des Masters Stufenerweiterung und des Konsekutiven Masters aufgrund der kürzeren Studiendauer entgegen, indem sie die Anmeldefenster für Module für sie leicht früher öffnet. So kann ich mich anmelden und weiss im Vorfeld (ca. 4 bis 5 Monate), wann ich im nächsten Semester arbeiten kann.

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Könnten Sie sich vorstellen, den Integrierten Bachelor- und Masterstudiengang Sekundarstufe I zu absolvieren? 
Ja, tatsächlich spiele ich mit dem Gedanken. Wenn ich etwas mache, möchte ich es richtig machen. Mit dem Fachdiplom TTG weiss ich bei weitem nicht alles, ausserdem glaube ich an lebenslanges Lernen. Ich könnte mir auch vorstellen, zunächst TTG und daneben stellvertretend andere Schulfächer wie Bildnerisches Gestalten, Bewegung und Sport oder Räume, Zeiten, Gesellschaften (RZG) zu unterrichten.  

Ich höre oft, "du könntest doch auch ohne PH-Ausbildung unterrichten." Ich bin überzeugt: Das kann nicht gut kommen! Ein Lehrpersonenmangel und die Erfahrung, selbst mal ein Kind und Jugendlicher gewesen zu sein, qualifiziert nicht zum Unterrichten. Diese Vorstellung von Unterricht haben wohl nur Menschen, die noch nie unterrichtet haben und seit Jahren keinen Fuss mehr in ein Schulzimmer gesetzt haben. Allein die Unterrichtsplanung und -vorbereitung ist komplex.  

Was schätzen Sie am Studium an der PHBern? 
Das orts- und zeitunabhängige Studium an der PHBern ist praktisch – das war bei mir in der Lehre oder an der Höheren Fachschule nicht möglich (lacht). Die Infrastruktur an der PHBern ist ausgezeichnet; es steht viel hochwertiges Material und eine tolle Ausrüstung zur Verfügung. Ausserdem ist das Essen in der Mensa wirklich sehr gut und preiswert. 

Zur Person: Adrian Klenk

Adrian Klenk, 45 Jahre alt, hat das ehemalige Lehrerseminar in Thun absolviert und als Lehrperson gearbeitet. Nach Zivildienst und Reisen, absolvierte der Oberländer eine Schreinerlehre und arbeitete 17 Jahre in diesem Beruf. Heute arbeitet er im Chinderhuus (besondere Volksschule) in Gstaad als Klassenlehrperson und absolviert berufsbegleitend das Studium Schulische Heilpädagogik.

Studiumsanmeldung Sekundarstufe I

Eine verspätete Anmeldung für einen Studienbeginn im Herbstsemester 2024 ist bis zum 31. August 2024 möglich. Alle Informationen zum Anmeldeprozess finden Sie unter Studiumsanmeldung Sekundarstufe I.

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