Michelle Bürki - Endometriose

Technisches und Textiles Gestalten

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Wie kann ich Schmerz plastisch darstellen? Und aufzeigen, dass Endometriose mehr ist als eine "Frauenkrankheit" und uns alle betrifft? Wie kann ich die unterschiedlichen und komplexen Formen dieser unerforschten Krankheit darstellen, dass man ohne Hintergrundwissen versteht? Wie kann ich den unterschiedlichen Gefühlen und Wahrnehmungen auf sozialer, politischer und persönlicher Ebene ansatzweise gerecht werden?

Ein Versuch, ein Sprachrohr für Betroffene zu sein, aufzuklären und nonverbal zu sagen: "los mau zue gopf!"

Irgendwie ist irgendwas da unten

Endometriose. Genauso kompliziert, wie der Name, ist die Krankheit selbst. "Endo" für Innen, "metri" für Gebärmutterschleimhaut, "ose" für Krankheit. Also eine Krankheit der Gebärmutter? Ja, aber irgendwie auch nicht ganz. Oder vielleicht doch?

Und genau da liegt der Kern des Problems. Endometriose betrifft mindestens 1 von 10 Menschen mit Uterus direkt und unzählige Personen indirekt, welche die Betroffenen tagtäglich unterstützen. Doch bis heute, weiss die Medizin eigentlich gar nicht, was diese "Endometriose" genau ist. Oder wie die Krankheit entsteht. Oder wie sie behandelt werden kann - wenige Fakten, viele Vermutungen. Was man mit Sicherheit sagen kann, ist, dass sie chronisch und bis heute nicht heilbar ist.

Noch 2024 wird wenig über die weiblichen Sexualorgane, oder die Menstruation, sowie auch nicht über die weibliche Gesundheitsversorgung ungehemmt gesprochen. Immer noch gelten viele dieser Themen als Tabu, was bedeutet, dass Betroffene oftmals den Weg zur Besserung schweigend allein gehen.

Wegen der hohen Betroffenenzahl wirst auch du mit grosser Wahrscheinlichkeit früher oder später mit dieser Krankheit konfrontiert. Durch die starken Symptome wie Übelkeit, Fatigue, Schmerzen jeglicher Art, Schmerzen beim oder nach dem Sex, Angst, unfreiwillige Kinderlosigkeit, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Schmerzen und Ohnmacht während der Menstruation, Blutungsprobleme, Verklebungen im Bauchraum (etc.) ist eine betroffene Person stark in ihrer Lebensqualität eingeschränkt. Arbeitsausfälle passieren immer wieder, die erwartete Leistung kann oftmals nicht erbracht werden. Durch die Unfähigkeit einen "normalen" Alltags zu bewältigen, kann Frustration bei Betroffenen sowie Angehörigen entstehen. Ein negativer Kreislauf von Scham und Schuld beginnt. Dieser kann dadurch durchbrochen werden, dass Menschen sich trauen darüber zu sprechen, was sie bewegt. Auch wenn es um "das da unten" geht. Dass unschöne Dinge klar benannt werden, wir uns gegenseitig zuhören und Gesagtes anerkennen. Dadurch werden Menschen sensibilisiert, die Wichtigkeit eines Themas gelangt ins gesellschaftliche Bewusstsein. Und so steigt die Wahrscheinlichkeit, dass langfristig Energie und Geld in die Forschung investiert wird und Betroffenen geholfen wird. Übrigens: Keine andere Krankheit mit so vielen Betroffenen wurde bisher so wenig erforscht wie Endometriose.

Endometriose. Vielleicht bist du jetzt verwirrter als zu Beginn meines Textes, was das nun genau ist. Kann man die Krankheit denn irgendwie greifbar machen? Heftigste chronische Schmerzen, Hilflosigkeit, Ohnmacht und Überforderung. Einsamkeit und Grenzüberschreitungen. Ein alltäglicher Kampf um Gesehenwerden, um Glaubwürdigkeit, um kompetente weibliche Gesundheitsversorgung - ohne Aussicht auf baldige Besserung. Das ist Endometriose aktuell.

Mit meiner Arbeit versuche ich Endometriose sichtbar und so den Ruf nach Veränderung lauter zu machen. Ich möchte, dass man was anfassen kann, was (noch) nicht fassbar ist.

Material und Technik

Gips, Ton, Schaum, Drahtgeflächt; modeliert