Fiona Chiappori - Gucklöcher

Bildnerisches Gestalten

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Durch Wände und Mauern wird der Horizont eingeschränkt.

Die Gucklöcher lenken den Blick und bieten Perspektiven an.

Was bleibt verborgen?

Was ist sichtbar?

Was siehst du?

Welche (Aus)Sicht ist privilegiert?

Ist mein Sichtfeld eingeschränkt?

Wann ist Wahrnehmung selektiv?

Welcher Blick ist kolonialistisch?

Was wissen Bienen über Kolonialismus?

Träumst du auch manchmal von Insekten?

Haben Insekten ein kollektives Gedächtnis?

Sind Pflanzen Zeugen der Umweltzerstörung?

Was siehst du, wenn du an Wald denkst?

Was fängt deinen Blick in der Blumenwiese?

Was lenkt dich ab?

Was lenkt deinen Blick?



 

Das Loch in der Mauer, der Lichtblick im Dunkeln

Aus welcher Perspektive betrachtest du die Pflanzen am Wegrand?

Welche Aussicht hast du aus deinem Schlafzimmerfenster?

Woran denkst du, wenn du das Wort Privilegien hörst?

Das Werk beschäftigt sich mit dem Blick auf Pflanzen und Insekten. Wissenschaftliche Illustrationen von exotischen Pflanzen aus der Kolonialzeit bilden einen Gegenpol. Der kolonialistische Blick, der tief eingeschrieben ist in unsere Kultur. Das Werk versucht sich davon zu entfernen und damit kritisch auseinanderzusetzen. In welcher Form können Pflanzen und Insekten würdig gezeigt werden? Lebend, in ihrer gewohnten Umgebung, ohne Eingreifen. Und doch werden sie ausgestellt. Kann ein bewusster, gezielter Blick diese Lebewesen ehren? Ihnen die Würde und den Respekt verschaffen, den sie verdienen?

Die Gucklöcher dienen dazu, den Blick gezielt zu lenken, Aufmerksamkeit für Details zu schaffen. Gleichzeitig verdeckt die Wand rund um die Löcher die Sicht. Welche Stellen sind sichtbar? Was bleibt verborgen? Wie umfassend kann das Bild überhaupt sein? Kann ein Sichtfeld jemals uneingeschränkt sein?

Die Gucklöcher gibt es. Sie befinden sich an realen Orten, es gibt viele davon. Zwei Beispiele sind Teil dieses Werks. Das erste befindet sich im Gantrisch. Der Blick aus dem ehemaligen Militärbunker im inneren des Berges ist schön. Eine Aussicht, auf Berge, Natur, grüne Wiesen, strahlend blauen Himmel. Aus der dunklen Betonhöhle in die bunte, leuchtende Weite. Ein seltsamer Ort. Die Form des Gucklochs ist ebenfalls seltsam. Das zweite Beispiel besteht aus vielen runden Löchern. Sie befinden sich in einer Unterführung am Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich. Ein dunkler Betongang. Die kleinen runden Löcher in der Decke sind das einzige Tageslicht. Der Lichtblick im Dunkeln.

Die Gucklöcher bieten also keinen Blick von Aussen nach Innen. Es ist kein Guckkasten. Es ist ein Guckfenster. Wir Betrachtenden befinden uns im Dunkeln, durch die Gucklöcher betrachten wir kleine Ausschnitte der hellen Aussenwelt.

Wer sieht welche Ausschnitte? Welche Ausschnitte siehst du? Wer hat Zugang zu welchen Gucklöchern? Welche Aussichten sind privilegiert? Welche Blicke sind unterdrückend? Welche Perspektiven braucht die Welt?

Material und Technik

Box aus Karton, Fotografie mit Beamer auf Transparentpapier projiziert